Tschüß Australien

Ich zitiere mich mal selbst:

„Ich habe mich jedenfalls entschieden, jetzt in den kommenden zwei Wochen mein Auto zu verkaufen, was hoffentlich klappt“

Es hat nicht geklappt…

Aber von vorn. Ich war ja noch irgendwo im Hinterland von Queensland beim Mandarinenpflücken mit einem Auto, an dem die Beifahrertür nicht geht. Um das Auto verkaufen zu können, muss ich also zumindest das hinkriegen.

Dazu fahre ich in den nächstgrößeren Ort, Gayndah, und will mich da eigentlich mit einem deutschen Mechaniker treffen, den ich irgendwann vorher zufällig getroffen hatte, damit er sich das mal ansehen kann. Aber er ist nicht erreichbar, den ganzen Tag nicht. Also fahre ich zu einer Werkstatt, die mir gleich von zwei Leuten empfohlen wird.

Sie wird von einem (weißen) Südafrikaner geleitet, seine Frau macht die Finanzen und dazu gibt es noch einen Lehrling. Jedenfalls haben die nicht viel Zeit und geben mir Werkzeug und ungefähre Anweisungen, wie ich den Beifahrersitz ausbauen muss, damit überhaupt die Innenverkleidung der nicht zu öffnenden Tür entfernt werden kann.

Nachdem ich das geschafft hatte, braucht der Lehrling dann eine geschlagene halbe Stunde, um das Schloss aufzubekommen. Nachdem er es ausgebaut hat, stellt sich heraus, dass das Schloss komplett kaputt ist und ein neues bestellt werden muss. Heute ist es schon zu spät, also kann die Bestellung erst morgen, am Dienstag aufgegeben werden. Da wir hier weit draußen sind, muss mit zwei Tagen Lieferzeit gerechnet werden. Donnerstag ist Feiertag (Anzac Day), und so kommt die Lieferung erst am Freitag. Was bleibt mir anderes übrig, als zu warten…

Das kaputte Schloss wird natürlich nicht wieder eingebaut, denn gäbe es ja die gleiche Prozedur, es zu öffnen, noch einmal. Und so darf ich die Beifahrertür von innen anseilen!! Eine wunderbare Konstruktion, hochklassig durchgeführt, aber sie hält. Viel fahren kann ich damit allerdings nicht, denn das ist mir alles nicht ganz geheuer. Also bleibe ich die vier Tage bis Freitag auf einem kostenlosen Campingplatz. Gammeln. Und nochmals gammeln. Ein australisches Pärchen im Riesencampingmobil direkt neben mir, beide schon um die 70, schreit sich abends an „I’m going to leave you“ – etwas später läuft der Mann ziemlich nackt im Wagen rum, lässt sich bekochen und sagt zu ihr „Who’s gonna leave me now, huh?“. Bizarr, alles so bizarr…

Ich nutze die Zwischenzeit dazu, das Auto übers Netz loszuwerden. Ich habe seit mehreren Wochen Kontakt mit zwei Deutschen vom Niederrhein, die sich das Auto eigentlich mal Ende Juli in Cairns ansehen wollen. Eigentlich haben sie mir schon fest zugesagt, das Auto zu nehmen, sie wollen nur noch über den Preis verhandeln. Wäre halt für sie sehr passend, anzukommen und ein Auto zu haben.

Jedenfalls geht das ja jetzt mit der neuen Entwicklung, dass ich nach Neuseeland fliege, schlecht. Wenn die beiden sich allerdings sicher sind, das Auto zu nehmen, dann könnte ich das Auto ja auch irgendwo parken und sie holen es sich das im Juli ab.

Ich nutze also die Tage in Gayndah dazu, die Übergabe mit denen abzuklären. Und sie stimmen zu! Ich kläre sie über alle möglichen Mängel auf – die Beifahrertür verschweige ich mal, denn die wird ja rechtzeitig funktionieren – und wir fangen an, über den Preis zu verhandeln. Wir landen letztendlich bei 6135 Dollar, einem sehr guten Preis.

Mittlerweile ist es Freitag und ich kriege mein neues Beifahrertürschloss. Immerhin pünktlich. Der Lehrling baut es ein und es funktioniert! 🙂 Ich bitte ihn noch abschließend, auch mal einen Blick auf die Fahrertür zu werfen, denn die Federn des äußeren Türgriffs scheinen abgenutzt und ich muss den Griff immer bis ganz nach oben ziehen, damit sich die Tür überhaupt öffnet. Außerdem hat das Auswirkungen auf die Zentralverriegelung, die dadurch manchmal nicht geht.

Er guckt es sich an, wird aber schnell wieder vom Chef zurückgepfiffen, weil das nicht so abgesprochen war. Jedenfalls schafft er es, beim Einbauen den Griff irgendwie so zu verbiegen, dass der Griff jedenfalls nicht mehr funktioniert… Jetzt darf ich die Fahrertür von innen öffnen… Beifahrertür OK, Fahrertür im Eimer. Wundervoll.

Das Szenario mit den Türen ist jetzt so: Die Beifahrertür kann ich von außen und innen öffnen, aber nicht über die Zentralverriegelung. Die Fahrertür kann ich nur von innen oder bei heruntergelassener Scheibe öffnen. Die rechte, hintere Tür öffnet sich nicht komplett per Zentralverriegelung, ich musste den Knopf immer per Hand über die Fahrertür rausziehen. Die hintere, linke Tür funktioniert!

Wenn ich jetzt also mein Auto verschließe, und es dann wieder öffnen will, was nur über die Zentralverriegelung geht, denn das Schlüsselschloß geht auch nicht, dann öffne ich zuerst die hintere, linke Tür. Von da greife ich an den inneren Griff der Beifahrertür und öffne die. Dann krabbele ich über den Beifahrersitz zur Fahrertür und öffne die. Wie war das mit bizarr?? Ich muss unbedingt diesen Griff an der Fahrertür hinbekommen…

Jedenfalls fahre ich direkt nach der Werkstatt nach Bundaberg, dem nächsten Zentrum an der Küste. Hier will ich morgen bei Ford einen neuen Griff bestellen, denn der Werkstattchef meinte, dass man da nichts reparieren könnte. Bei Ford erfahre ich aber nur, dass dieses Teil nicht mehr geliefert wird und ich am besten auf dem Schrottplatz nach einem neuen Griff suchen solle.

Also geht’s zu einem Schrottplatz. Und hier habe ich wirklich (vermeintlich) Glück! Es gibt zwei Ford Explorer, einer von 1997 und einer von 2000, wie meiner! Der Ford-Mensch meinte noch, dass ich unbedingt einen Griff vom Baujahr 3/2000 finden muss, da es sonst nicht passt. Und der Ford da war tatsächlich von 3/2000! In weiß, aber total egal. Ich lasse den Griff ausbauen und zahle bloß 20 Dollar dafür. Hätte ich dieses Auto mal vorher gefunden, ich hätte es aller Schlösser beraubt und nicht insgesamt knapp 300 für ein Neuteil und Arbeitsstunden bezahlt… Der Werkstattchef in Gayndah meinte auch schon am Montag, ich solle mal ins „Internet nach Wreckers“ gehen und gucken, ob es das Schloss da nicht eventuell billig gibt. Ich habe bis zu diesem Zeitpunkt gedacht, dass „Wreckers“ ein Laden im Netz ist, der sich auf Ersatzteile spezialisiert hat. Jetzt weiß ich, dass es einfach der Schrottplatz ist (die „Abwracker“).

Na jedenfalls habe ich jetzt einen neuen, funktionierenden Griff in einer wunderbar nicht passenden Farbe. Jetzt muss er nur noch eingebaut werden.

Das lasse ich nächste Woche, die letzte vor Neuseeland, machen, denn jetzt hat alles zu. Auf dem kostenlosen Parkplatz treffe ich nette Frankokanadier und der Abend wird sehr gemütlich.

Den nächsten Tag verbringe ich am Moore Park Beach und wandere den Strand entlang bis zu der Mündung eines Flusses. Am Nachmittag mache ich dann den Kaufvertrag mit den Deutschen fertig, wie mit denen besprochen, denn ich will die ganze Autogeschichte am Montag hinter mir haben und die letzte Woche noch genießen können.

Die Nacht verbringe ich direkt am Meer, nur um am Morgen mit schlechten Nachrichten aufzustehen. Die Deutschen sind abgesprungen!! Obwohl wir seit einer Woche klar darüber geredet haben, dass es einen Kaufvertrag geben wird, dass wird den Preis schon verhandelt haben, sagen sie ab… Und ich habe nur noch eine Woche! Ich hätte das an ihrer Stelle auch nicht gemacht, aber ich habe sie wirklich klipp und klar über alle Risiken und Mängel des Autos aufgeklärt und sie hatten zugestimmt.

OK, jetzt heißt es schnell handeln. Vor 10 Tagen hatte sich ein „George“ bei mir gemeldet, der das Auto kaufen wollte – für 3500 Dollar, da er mehr nicht habe. Ich solle mich melden, wenn ich das Auto anderweitig nicht verkaufen kann. Der Gute wohnt in Townsville, 1000km nördlich. Mein Ziel für den Abend! Wer mit mir mal in Skiurlaub gefahren ist, weiss, dass ich auch 1200km an einem Tag fahren kann 😉 Aber 1000km in Australien sind angenehmer als 1000km Autobahn in Europa, ich war gar nicht geschafft.

Townsville ist schon in den Tropen und die Temperaturen haben ordentlich angezogen. Hier sind die trockenen Tropen, ab 150km nördlich fangen dann die feuchten Tropen mit Regenwald und Krokodilen und so an. Aber es ist äußerst angenehm hier.

Jedenfalls bereite ich das Auto dann gleich am Morgen darauf vor, in ein paar Stunden nicht mehr mir zu gehören. Ich packe alle meine Sachen, reinige das Auto und bringe meine Sachen in ein Hostel. Dann fahre ich quasi übergabefertig zu diesem George.

Der ist Costa-Ricaner, ca. 70 und hat einen Kaffeehandel. Sicher will er das Auto nicht wegen dem Bett^^ Er will das Auto wegen der Anhängerkupplung, denn sein jetziger Wagen kann seinen Anhänger nicht schleppen. Aber er ist ein alter Fuchs. Er weiß ganz genau, in welcher Situation ich bin und nutzt sie voll aus. Er sagt mir, dass das Auto keine 3500 wert sei und ich mich auf einen viel niedrigeren Wert einstellen müsse. Aber erst einmal müsse ein befreundeter Mechaniker draufgucken. Das geht morgen, Mittwoch. Von 6135 auf 3500 auf noch weniger… Ich habe keine andere Wahl, denn ich habe schlicht und einfach keine anderen Interessenten. Besser das als nichts.

Ich höre nie mehr was von diesem Costa-Ricaner…! Ich schreibe ihm, dass ich bis spätestens Mittwoch das Auto verkauft haben muss, denn ansonsten habe ich keine Zeit mehr es in Cairns zu verkaufen, einem weitaus besseren Ort für so einen Verkauf. Es kommt keine Antwort mehr. So ein Arsch!!

Ich entschließe mich, den Griff bei einer Werkstatt einbauen zu lassen und auch gleich ein Sicherheitszertifikat ausstellen zu lassen. Das ist quasi der TÜV und ohne dieses Zertifikat darf ich kein Auto verkaufen.

Tja, was passiert? Ich kriege das Zertifikat nicht!! Darf aber 140 Dollar für den Nicht-Einbau des neuen Griffs zahlen. Es stellt sich heraus, dass beim Ausbau wohl etwas kaputtgegangen war… Dafür hat der Mechaniker den alten Griff mehr schlecht als recht wieder hingebogen, was zur Folge hat, dass die Zentralverriegelung nach wie vor spinnt.

Aber ist ja alles egal! Ich habe ein Schrottauto, was ich nicht verkaufen darf. Dafür funktionieren zum ersten Mal seit wahrscheinlich vielen Jahren wieder alle Türen am Auto!! Hurra! Was eine Ironie.

Der Grund, warum ich das Zertifikat nicht kriege, ist der, dass die Aufhängung wohl richtig im Eimer ist. Ein Austausch würde den Wert des Autos nicht rechtfertigen. Die Werkstatt meint auch, dass Sand und irgendwelche tropfenden Flüssigkeiten dafür verantwortlich sind. Sand! Das war mein Vorbesitzer, der immer am Strand entlang gefahren ist, um Surfspots zu finden. Ungefähr so etwas hat ja schon die Werkstatt Anfang März gemeint, von wegen auslaufenden Flüssigkeiten bzw. Öllecks. Der hat das sicher gewusst >.<

Nun, auch so kann eine Odyssee zu Ende gehen. Beim Schrotthändler! Ich kriege 500 Dollar für das Auto und bin echt fertig, als ich vom Schrotthändler mit dem Bus zurück in die Stadt fahre. Was hat mich dieses Auto gekostet…

Ich habe noch Freitag und das Wochenende, um noch wenigstens irgendwas Nettes oder zumindest Ablenkendes zu unternehmen.

Am Freitag fahre ich nach Magnetic Island, einer Insel vor Townsville. Da wandere ich und bade im Meer, allerdings nur innerhalb eines Netzes, denn es noch ca. einen Monat Quallensaison, und die Quallen hier sind sicherlich nicht zu unterschätzen.

Am Samstag fahre ich mit dem Zug 350km bis Cairns, von wo ich am Montag über Sydney nach Auckland fliege. Das dauert 6 Stunden und ist unglaublich ermüdend. Der Zug tuckelt nur so vor sich her und auch hier sehe ich wieder nichts außer den immer gleichen Bäumen. Es fängt dann irgendwann an zu regnen und da weiß ich, dass wir in den feuchten Tropen sind.

In Cairns bin ich jedenfalls in einem richtig chilligen Hostel und buche mir für den Sonntag eine Schnorcheltour im Great Barrier Reef! Womit das Geld vom Auto auch eigentlich schon wieder weg ist…

Aber diese Tour war wirklich super und ein sogesehen noch ein „guter“ Abschluß. Die Bilder dazu bzw. von ganz Australien eigentlich gibt’s in einem anderen Beitrag.

Ich sitze jetzt gerade im herbstlichen Neuseeland in Turangi am Tauposee und ich habe hier in 200 Kilometern Fahrt mehr gesehen als in 10 Wochen Australien… 🙂

Glaub ich hab nen Favoriten, was die beiden Länder angeht! 😉

2 Gedanken zu „Tschüß Australien

  1. Oh Mann, eine abenteuerliche Geschichte! Das Auto hat dich ja einige Nerven gekostet. Ich drücke dir die Daumen, dass es in Neuseeland besser wird.

  2. Oh mann, du machst da ja was durch…
    Buchst du die Flüge da im Süden eigentlich immer (mit erheblichem Aufschlag?) kurzfristig oder kannst du das noch vorher absehen? Beim Lesen wirkt es so als würdest du das fast von Tag zu Tag entscheiden 🙂

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