Von der Jugendherberge wurde ich morgens um 6 von Ben, dem Tourführer mit einem Van abgeholt. Wir waren heute mit ihm nur zu viert, der Mindestanzahl an Teilnehmern. Umso besser 🙂 Denn so muss Ben nicht immer aufpassen, dass auch alle hinterherkommen und wir können mehr sehen.
Mit dabei sind noch Adam, ein Amerikaner, und Freya aus Hamburg. Wir werden in Doppelkajaks fahren und unterwegs die Besetzung wechseln.
Soweit ist es aber noch nicht, denn bis wir am Doubtful Sound sind, müssen wir erst zum Lake Manapouri fahren und ihn mit dem Schiff überqueren, gefolgt von einer Busfahrt über den Wilmots Pass vom Seeufer zum Meeresufer. Das alleine ist es eigentlich schon wert!
Am Hafen von Manapouri hat die Fähre schon auf uns gewartet, sonst gab es keine Fahrgäste. Wir haben die gesamte Kajakausrüstung, die im Van war, verstaut und dann den Sonnenaufgang über dem See genossen.
Der See zieht sich ganz schön in die Berge und durch die tiefhängenden Wolken waren sie sehr schön anzusehen. Aber eins haben wir sofort gemerkt: Das Wetter wird die Tage wunderbar werden. Kein Regen!
Am Lake Manapouri befindet sich das größte Wasserkraftwerk Neuseelands, das durch seine einmalige Konstruktion auffällt. Eigentlich wollte man Ende der 50er-Jahre den Lake Manapouri um mehr als 30 Meter anheben, damit er zusammen mit dem Lake Te Anau einen riesigen See bildet und die entstandene Höhendifferenz zur Energieerzeugung nutzen. Dieses Vorhaben fand aber keine Unterstützung in der Bevölkerung und durch konstanten Protest konnte dieses Projekt abgewendet werden – nebenbei entstanden die neuseeländischen Grünen.
Das gesamt Projekt wurde jetzt umgestaltet, so dass der auf 180m über dem Meer gelegene Lake Manapouri nicht mehr angehoben werden musste. Man hatte vor, das Seewasser durch lange und steile Falltunnel in den Doubtful Sound abzulassen. Als einziger Eingriff in die Natur musste der natürliche Abfluss des Sees, der Waiau River, mit einem Wehr blockiert werden können. So wurde aus Neuseelands zweitgrößtem Fluss ein Rinnsal!
Was für Auswirkungen das einleiten riesiger Mengen Süßwasser ins Meer für die Umwelt hatte, wurde nicht untersucht. Für das Kajakfahren hat es jedenfalls einige Auswirkungen: Es wird eine starke künstliche Strömung erzeugt, gegen die man erst einmal ankämpfen muss.
Und warum erzähl ich das alles? Der Pass, den wir jetzt vom Anleger auf Seeseite mit dem Bus anfangen zu überqueren, wurde nur im Rahmen dieses Kraftwerksprojekts angelegt, damit Einlass und Abfluss des Kraftwerks bequem erreichbar ist. Sonst kämen wir die 25km jetzt gar nicht so einfach ans Meer.
Der Pass windet sich auf 620m, von wo wir eine super Aussicht hatten. Es waren 8 Grad *bibber*.
Die ganze Fahrt bis auf die Meeresseite hat ungefähr 90 Minuten gedauert. Dort angekommen, hat uns Ben erst einmal in die wichtigsten Dinge des Kajakfahrens eingewiesen und wir durften uns in unsere Wetsuits quetschen. Alle Sachen wurden wasserdicht in Drybags verpackt und in die Kajaks geschlossen bzw oben drauf geschnallt (vor allem die Kamera).
Und, ja, wie konnte ich sie vergessen 🙂 🙂 Ab jetzt immer dabei: Millionen SANDFLIES!! Diese miesen kleinen Biester sitzen eigentlich nur auf dem Boden. Kommt aber ein Mensch vorbei, werden sie wild auf Blut – es ist erwiesen, dass sie Menschenblut besonders anzieht…
Diese Viecher sind jedenfalls wirklich Fliegen, doppelt so groß wie eine normale Obstfliege und man hört sie nicht. Sie beißen einen ununterbrochen und da wir beim Kajakfahren keine Socken anhaben, kriegen die Füße es richtig ab. Glücklicherweise sind sie auf dem Meer dann nicht mehr da, sondern nur am Ufer. Und bei stärkerem Wind oder Regen wollen sie auch nicht mehr. Sie sind eine echte Plage.
Es gibt dazu eine Maori-Sage:
Als die Menschen Fiordland und die Sounds entdeckten und sie vor Schönheit nur noch staunten, erfand Gott die Sandfliegen, damit sie sich wieder der Arbeit zuwandten… 😉
Unsere Kajaktour führt uns in den Hall Arm, einen der vielen (7?) Arme des Doubtful Sounds. Wir werden im Hall Arm in Zelten übernachten und dann am nächsten Tag wieder zurückpaddeln.
Von nun an lasse ich am besten die Bilder sprechen 🙂
Hinter diesem Bild geht es nach links in den Hall Arm. Aber vorher war da noch der hier:
Was ein Berg!! 1600m hoch und einfach so da, total steil. Ben war da mal von hinten draufgeklettert. Es gibt da oben einen See (!) und man kann alle angrenzenden Fjorde sehen.
Weiter ging’s in den Hall Arm hinein.
An dieser Stelle haben wir Mittagspause gemacht, wurde alles vom Veranstalter gestellt, wir mussten nur Snacks und das Abendessen mitbringen.
Nach ein paar Kilometern gab es links zum ersten mal ein Tal. Genau an dieser Stelle ist auch unser Nachtcamp. Wir paddelten weiter bis ans Ende des Fjords, der ganz seicht in Wiesen endete und machten noch eine weitere kleine Pause, bevor es weiter zum Nachtlager ging.
Das Nachtlager wird fast täglich von den Zwei-Tages-Touren angefahren und deshalb ist die Einrichtung auch permanent. Es gibt fest Plätze für die Zelte und Boote sowie einen „Bug Shelter“, der dringend nötig ist, denn bis die Sandflies um 10 ins Bett gehen, wollen wir noch überleben und nicht im Zelt kauern 😉 Da drin haben wir dann auch den Abend gesessen, Essen gemacht und uns unterhalten. Aber die Netze hatten genug Löcher, um ausgiebig gebissen zu werden, trotz Stinkespray.
Das Zelt war dicht und nachts gab’s keine Besuche von Sandfliegen. Die Aussicht morgens war wunderschön, denn das Wasser war total ruhig.
Eine – seeeeltsame – Sache störte diese Idylle jedoch ziemlich. Plötzlich kam ein Hubschrauber aus dem Tal in ca. 100m Höhe. Er hatte irgendwas an einem Seil unter sich baumeln. Drei tote Hirsche!! Und er kommt zu uns… Mittagessen hatte ich noch nicht bestellt 😉
Der will die tatsächlich bei uns abladen, aber dreht wieder ab, als er merkt, dass wir noch da sind. Für einen Moment hängen die Hirsche quasi vor unseren Nasen.
Ben erklärt, dass Hirsche keine einheimischen Tiere sind und den Wald zerstören, indem sie alles fressen, was da so steht. Aus diesem Grund werden sie bis zur Ausrottung gejagt – aus dem Hubschrauber heraus, da das Gelände nichts anderes zulassen würde. Eine sehr wirre Begegnung!
Nach dem Frühstück, zu dem wir auch gleich ein paar Sandfliegen eingeladen haben, ging’s weiter. Wir sind hinter einem Wasserfall, der über einen Felsvorsprung läuft, hergefahren!
Da wir so zügig und problemlos vorankommen und keiner schlapp gemacht hat, hab Ben entschlossen, nicht wieder einfach aus dem Hall Arm rauszufahren, sondern nach links in den Hauptfjord bis zu Elephant Island zu paddeln. Dort haben wir dann zum ersten Mal die Strömung des Kraftwerks, die zum offenen Meer strömt und gleichzeitig die Winde, die ab Vormittag vom Meer kommen, gespürt. Es gab also auf dem ganzen Weg immer irgendwo gegenzupaddeln.
Als wir um die Insel herumgepaddelt waren, hatten wir auf einmal den starken Wind im Rücken und da ich gerade mit Ben im Boot saß, hat es mit seiner Erfahrung geschafft, dass wir mit dem Kajak surfen konnten! 🙂 🙂 Der Hammer! Wir haben beide wie wild gepaddelt, um auf die Welle zu kommen, und konnten sie dann für ca. 5-7 Sekunden reiten. Das hat unglaublich Spaß gemacht!
Eine kleine Mittagspause gab es noch in einer kleinen Seitenbucht, bevor wir dann mit Rückenwind schnell wieder am Ausgangspunkt waren. Eine wunderbare Tour, die das Geld mehr als Wert war 🙂
Zum Abschluss sind wir noch an den Helen(a?) Falls vorbeigefahren, die gegenüber der Ausstiegsstelle den Berg runterrauschen.
Auf der Rückfahrt waren wir alle sehr müde. Ich habe allerdings kaum Zeit, mich auszuruhen, denn morgen geht es gleich weiter zum Kepler Track, nochmal vier Tage schönste Natur, dieses Mal mit dem Rucksack auf dem Rücken und über die Berge anstatt zwischen ihnen hindurch.
wow…
Einfach wunderschön! 🙂 Toll!